1997 gründete Peter Schürmann den Verein »Partnerschaft für Lehrstellen«. Der Grund: Von 29 Schülern seiner Abschlussklasse an der Hauptschule in Salzgitter-Bad hatten nur zwei einen Ausbildungsplatz bekommen.
Was als lokale Schülerselbsthilfe begann, ist mittlerweile zu einem bundesweiten Jugendaktionsbündnis geworden. Der Lehrstellen-Truck des Vereins rollt nun schon im fünften Jahr durch das Land. Tausende Kilometer hat der Achteinhalbtonner auf seinen Touren quer durch Deutschland zurückgelegt – von Rügen bis Kempten und von Saarbrücken bis Frankfurt/Oder. Mit über 1600 Schulen hat der Verein dabei zusammengearbeitet und während dieser Zeit rund 17000 Ausbildungsplätze in Firmen und Betrieben generiert. Wie viele Schüler das Angebot wahrgenommen haben, kann schon nicht mehr gezählt werden.
Ein Truck als Botschafter
Seit Sommer 2003 fährt der Truck in Kooperation mit »Team Arbeit für Deutschland «. Über 150 Stationen in Deutschland sind vorgesehen. Ziel der Kampagne ist es, Jugendliche bei der Berufswahl zu unterstützen, bei Firmen und Betrieben für mehr Ausbildungsplätze zu werben und sie mit den Schulabgängern direkt in Kontakt zu bringen. Letztlich fungiert der LKW auch als Botschafter für die Idee von »Team Arbeit für Deutschland«, ein Netzwerk gegen Arbeitslosigkeit zu bilden. Das Team will die vielen solidarischen Ansätze in den Städten, Kommunen und Regionen aufgreifen, vernetzen und zu neuem Engagement mobilisieren.
Erdacht wurden die Idee und das Konzept für die Trucktour gemeinsam vom Verein »Partnerschaft für Lehrstellen« sowie Partnern und Sponsoren aus der Wirtschaft. Start der ersten Tour war Februar 1999, der Sänger, Marius Müller-Westernhagen, gab damals auf der Cebit in Hannover den Startschuss. Zusammen mit den Wirtschaftsjunioren Deutschland (WJD) ging es dann auf die erste Tour. Schulen, Schüler und Betriebe wurden vor Ort zusammengeführt.
Der Truck gastierte in Städten auf Ausbildungsmessen und -börsen. Rund um den Truck werden den Schülern Workshops angeboten, in denen sie ihre Bewerbungen verbessern oder Tipps und Kniffe für ein Bewerbungsgespräch erlernen konnten. Die Schüler können sich direkt vor Ort über Berufe informieren und mit Ausbildern ins Gespräch kommen. Zahlreiche Ausbildungsverträge kamen und kommen anlässlich dieser Veranstaltungen zustande. Heute fährt der Verein vorwiegend öffentliche Plätze in Städten oder Schulen an, steht aber auch für einzelne Messen und Aktionstage von Kammern oder lokalen Projekten zur Verfügung. So im letzten Jahr am Europacenter in Berlin oder auf einer Veranstaltung der IHK in Frankfurt (Oder).
Jugendliche nehmen Angebote der Agentur für Arbeit kaum wahr
Die Berufsberatung der Arbeitsagenturen ist bei den meisten Terminen ebenso vor Ort wie die Kammern von Handwerk, Industrie und Handel. Vormittags steht der Truck, der mit vier Internetrechnern ausgestattet ist, Schülern und Passanten zur Verfügung. Die Schüler lernen vor Ort die maßgeblichen Online-Börsen für Ausbildungsplätze kennen und werden im Umgang mit ihnen geschult. In der vereinseigenen Ausbildungsplatzbörse »Lehrstellenfuchs.de« können die Schulabgänger ihre Online-Bewerbung direkt erstellen und an Firmen und Betriebe verschicken. Eine herkömmliche Bewerbung wird die Online-Bewerbung zwar noch nicht ersetzen, aber sie kann Türen öffnen: Bei vielen Bewerbern fordern interessierte Betriebe konkret Unterlagen nach. Für Jugendliche, die sich über ihren Berufswunsch noch immer im Unklaren sind, steht der Berufsberater der zuständigen Arbeitsagentur bereit, er gibt eine grobe Orientierung, benennt weitere Ansprechpartner und zeigt Ausbildungsberufe, die jenseits des obligatorischen Kfz-Mechatronikers und der Arzthelferin liegen.
Trotz breiter Präsenz der Berufsberater in den Schulen nimmt ein Großteil der Jugendlichen die Angebote zur Berufsorientierung und Stellenvermittlung der Agentur für Arbeit nicht mehr wahr. Ein Ziel der Initiative ist daher auch, die Jugendlichen wieder an die Angebote der Arbeitsagenturen und Kammern heranzuführen. Getreu dem Vereinsnamen setzt die »Partnerschaft für Lehrstellen« auf Motivation und Kooperation, um Firmen für die Berufsausbildung zu gewinnen. Aus Sicht des Vereins ist die diskutierte Lehrstellenabgabe dabei der falsche Weg. Trotzdem oder gerade deswegen sind die 600000 Betriebe in Deutschland, die ausbilden könnten, es aber nicht tun, im Visier des Vereins. Hier müssen Hemmnisse und Vorbehalte abgebaut werden.
Zugleich setzt sich der Verein auch für Reformen bei der Berufsberatung und -orientierung ein – beides muss zielgruppengerechter und effektiver werden, um von den Jugendlichen angenommen zu werden. In Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg wird derzeit, im Rahmen der Tour, in drei Städten ein Konzept erprobt, das die Angebote der BA jugendgerecht präsentiert und bewirbt.
Die Crew fährt aber auch vor Ort in die Betriebe. Jede Firma, die zusätzliche Ausbildungsplätze einrichtet und sie der Initiative meldet, erhält vom »Team Arbeit für Deutschland« einen Lehrstellen-Scheck. Die Anzahl der geschaffenen Ausbildungsplätze wird auf dem Scheck vermerkt, der von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement gegengezeichnet wird. Überreicht wird der Lehrstellen-Scheck im Rahmen der Aktionstage von »Team Arbeit« oder persönlich in den Unternehmen. Der Hintergrundgedanke ist einfach, aber wirksam: Wer heute zusätzlich ausbildet und Jugendlichen noch eine Chance gibt, der zeigt soziales Engagement. Und damit soll er auch werben dürfen.
Ausbildung geht alle an
Von den Ausbildern werden aber auch Klagen an das Truck-Team weitergereicht: die Anforderungen an die Berufsausbildung steigen, die Qualifikationen der Jugendlichen sinken. Hier sieht die Lehrstelleninitiative alle in der Pflicht. Lehrstellen schaffen ist nicht genug. Damit weniger Jugendliche ihre Ausbildung abbrechen, brauchen sie auch Unterstützung. Die Bildungspolitik muss dafür sorgen, dass die Qualifikationen der Schulabgänger besser werden. Die Jugendlichen selbst müssen sich verstärkt um ihre Berufsorientierung kümmern und schließlich sollten die Firmen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden und ausbilden. Hier setzt die »Partnerschaft für Lehrstellen« an. Der Verein hilft den Schulabgängern in der schwierigen Phase der Berufswahl. Das Büro in Salzgitter steht Jugendlichen aus der Region nach der Schule für Fragen und zur Kontaktvermittlung zur Verfügung. Mitarbeiter und ehrenamtliche Mitglieder verschaffen sich einen Eindruck von dem Schulabgänger, prüfen seine Bewerbung und Berufswunsch und gehen mit ihm gemeinsam in Betriebe vor Ort. Direktbewerbung heißt die Methode des Vereins und die Erfahrungen sind durchweg positiv. Immer wieder werden Schüler ermuntert, in den Ferien ein Praktikum in einem Betrieb zu machen. So verhelfen die Aktivitäten des Vereins auch oft den Schülern zu einem Ausbildungsplatz, die mit schlechteren Zeugnissen die Schule verlassen. Wenn sich der Ausbilder einen persönlichen Eindruck von den Jugendlichen macht und nicht nur das Zeugnis sieht, springt oftmals doch noch ein Ausbildungsvertrag heraus.
Die Aktivitäten und Projekte, die der Verein seit Jahren erfolgreich durchführt, zeigen, dass sich die Probleme auf dem Ausbildungsmarkt gemeinsam lösen lassen, wenn alle Beteiligten in den Problemlösungsprozess eingebunden und gehört werden. Das ermutigt, denn schließlich geht es um die Zukunft unserer Jugend und damit auch um die Zukunft unserer Gesellschaft.